Hilfeplanung auf dem Prüfstand. Erfahrungen aus dem Hilfeverbund SOS-Kinderdorf Worpswede

Inge Göbbel, Martin Kühn und Eckhard Thiel

Mit der Hilfeplanung wurde 1990 im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) ein Instrument geschaffen, das einerseits die Mitwirkung von Kindern, Jugendlichen und Personensorgeberechtigten bei der Ausgestaltung der Hilfe zur Erziehung und andererseits die qualifizierte Planung und Überprüfung des Hilfeprozesses im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte regeln soll.

Auch wenn damit eine schon lange erhobene Forderung umgesetzt wurde, war der Umgang mit dem neuen Instrument in den Anfangszeiten von großer Unsicherheit auf allen Seiten geprägt. Im Bestreben, uns an den neuen gesetzlichen Bestimmungen des SGB VIII zu orientieren, entwickelten wir in der Einrichtung Ideen zur inhaltlichen Strukturierung, Vorgehensweise und Protokollführung. Gleichzeitig war uns unklar, ob wir nicht Verantwortung für etwas übernehmen, wofür eigentlich die Jugendämter zuständig wären. Diese wiederum konnten sich nicht so schnell von den alten auf die neuen Vorgaben umstellen: Es fehlten Erfahrungen mit der Materie, entsprechende Formblätter und offensichtlich auch die Personal- und Zeitressourcen, um die notwendige Entwicklungsarbeit zügig voranzutreiben. So hielt man zunächst eher an Altbewährtem fest.

Es gab also weder Sicherheit, noch bestand Klarheit darüber, wie mit dieser Situation umzugehen sei. Einerseits lag allen daran, den als sinnvoll erachteten Partizipationsgedanken aktiv zu verfolgen und umzusetzen, andererseits verursachte dieses Vorgehen zusätzliche Arbeit und Konflikte und stieß immer wieder auch auf Unverständnis. Die Frage war, ob und wie das daraus resultierende unsichere Vor und Zurück eine sinnvolle und von allen getragene Handhabung der Hilfeplanung im Sinne der oben beschriebenen Zielsetzung hervorbringen würde.

Im Rahmen unserer Gespräche im Jugendamt, die ja immer schon stattgefunden haben, setzten wir uns gemeinsam mit der Hilfeplanung als neuer gesetzlicher Vorgabe auseinander. Es wurden Fragen der Zuständigkeit diskutiert, Anregungen zur Strukturierung und zu Verfahrensweisen ausgetauscht und kritisch beurteilt - die Hilfeplanung wurde allmählich auf den Weg gebracht. Der Prozess, der damals begonnen hat und durch Impulse von allen Seiten zuerst langsam, schwankend und mühsam, dann immer schneller und sicherer in Bewegung kam, ist heute schon weit gediehen, bei weitem aber noch nicht abgeschlossen. Wir erleben die Hilfeplanung inzwischen als wichtigen Verständigungs-, Aushandlungs- und Entscheidungsprozess, in dem der Partizipationsgedanke ernst genommen wird, nehmen jedoch auch deutlich die Schwierigkeiten, Grenzen und strukturellen Widersprüche wahr.

Ist Hilfeplanung eine Formsache?

Die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre hat keineswegs eine einheitliche Form der Hilfeplanung hervorgebracht. Diese variiert in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Jugendämtern, aber auch in jedem einzelnen Fall.

Die Jugendämter bringen inzwischen alle unterschiedlich differenziert ausgearbeitete Vorlagen zu den Hilfeplangesprächen mit. Manche dringen auf eine halbjährliche Fortschreibung des Hilfeplans, anderen genügt ein jährlicher Rhythmus. Bisweilen übernehmen Jugendämter weitgehend die Initiative und die Verantwortung für ein Hilfeplangespräch: Die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen auf uns zu, machen Terminvorschläge, laden alle Betroffenen ein und kümmern sich um Ablauf, Moderation und Ergebnissicherung der Veranstaltung. In diesen Fällen können wir uns ganz auf die einrichtungsinterne Vorbereitung konzentrieren: Wie sind die Kinder zu beteiligen und vorzubereiten, welche Informationen und Stellungnahmen müssen im Vorfeld eingeholt werden, sind unter Umständen weitere Fachkräfte einzubeziehen (beispielsweise Lehrerinnen und Lehrer, Therapeutinnen und Therapeuten), und wie soll das geschehen?

Oft gibt es Absprachen darüber, wer welche Teile der Vorbereitung des Hilfeplangespräches übernimmt: Es wird zum Beispiel ein Zeitraum ausgemacht, in dem wir uns mit dem Jugendamt telefonisch in Verbindung setzen, um gemeinsam einen Gesprächstermin festzulegen, oder es wird vereinbart, dass wir unter bestimmten Umständen Kontakt aufnehmen, um kurzfristig ein Hilfeplangespräch anzuberaumen. In der Regel 14 Tage vor einem Hilfeplangespräch erhalten Jugendamt, Eltern und ggf. Vormund je eine ausgearbeitete Tischvorlage mit den wesentlichen Informationen zum aktuellen Stand und zu den Zielsetzungen unserer Arbeit mit den betreffenden Kindern.

Obwohl die Verantwortung für die Überprüfung der Qualität der eingeleiteten Maßnahmen beim Kostenträger liegt, ist es für uns ein Qualitätsmerkmal fachlicher Arbeit, mit der Übernahme der vereinbarten Aufgaben auch Verantwortung zu übernehmen. So ist es für uns selbstverständlich, dass wir als Einrichtung an den Kostenträger herantreten, wenn wir die Fortschreibung des Hilfeplans für überfällig halten - auch wenn es darüber keine Absprachen gegeben hat -, sei es, dass der übliche Zeitraum überschritten ist oder dass Umstände eingetreten sind, die eine Überarbeitung des Hilfeplans erfordern. Was für organisatorische Fragen gilt, trifft auch auf die inhaltliche Ausgestaltung zu: Auch wir haben dafür zu sorgen, dass der Hilfeplan zu einer tragfähigen Arbeitsgrundlage wird. Wir können uns nicht darauf zurückziehen, dass dies Sache des Kostenträgers sei.

In der Regel haben bereits vor dem Zeitpunkt, zu dem wir als Mitarbeiter in teilstationären und stationären Angebotsformen an der Hilfeplanung beteiligt werden, Hilfeplangespräche stattgefunden. Häufig gab es schon einen Vorlauf mit ambulanten Maßnahmen, und wir springen sozusagen auf einen fahrenden Zug auf. Wenn hier also von Hilfeplanung die Rede ist, geht es - sofern es nicht ausdrücklich anders vermerkt ist - um die Fortschreibung von Hilfeplänen. Im ungünstigsten Fall werden wir mit der Situation konfrontiert, dass das erste Hilfeplangespräch, in das wir als Hilfeverbund einbezogen werden, erst stattfindet, nachdem die Kinder bereits bei uns untergebracht sind. Und selbst wenn wir vor der Unterbringung in die Hilfeplanung einbezogen werden, haben wir bisweilen den Eindruck, dass die Entscheidung über die Unterbringung bereits gefallen ist und das Hilfeplangespräch lediglich noch eine Formsache darstellt.

Unserer Erfahrung nach zahlt es sich aus, wenn wir frühzeitig in den Hilfeplanungsprozess eingebunden werden. Zum einen, weil wir dann mit allen Beteiligten prüfen können, ob unser Angebot im konkreten Fall das Richtige ist. Zum anderen, weil dadurch bereits im Planungsprozess der Kontakt- und Beziehungsaufbau zu Eltern und Kindern beginnen kann und diese die Möglichkeit haben, unsere Einstellungen, Haltungen und Arbeitsweisen kennen zu lernen.

Viele Kinder, Jugendliche und Familien haben bereits eine regelrechte Karriere in den Hilfen zur Erziehung hinter sich, wenn sie zu uns kommen. Sie richten an ein weiteres Hilfeangebot keine großen Erwartungen mehr und zeigen wenig Bereitschaft, sich überhaupt noch auf eine Maßnahme einzulassen. Der Grund dafür liegt zum Teil darin, dass Jugendämter nicht offen legen, nach welchen Kriterien Entscheidungen getroffen werden, und Fakten setzen, die ihrer internen Logik entsprechen: Der finanzielle Druck in den Kommunen, die Entwicklungen in der Fachdiskussion, aber auch persönliche Präferenzen der beratenden Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter im Jugendamt führen dazu, dass grundsätzlich erst einmal die Spannbreite ambulanter Hilfen eingesetzt und ausprobiert wird. Hier kommt es nicht selten zu einer Eskalation professioneller Hilfe, die sich häufig nicht als problemlösend, sondern unter Umständen sogar als problemstabilisierend erweist. Für die betroffenen Eltern und Kinder bedeutet das, dass sie sich immer wieder auf neue Hilfemaßnahmen einzustellen haben und ihre Hoffnungen auf eine Verbesserung ihrer Lebenssituation mit jedem weiteren Versuch geringer werden. Von einer freien Auswahl unter verschiedenen Angeboten verschiedener Träger, wie sie der Gesetzestext verspricht, kann keine Rede sein. Hinzu kommt, dass die Wahlmöglichkeiten allein schon durch die regionale Struktur der Jugendhilfelandschaft begrenzt sind.

Für die Hilfeplanverfahren kommt erschwerend hinzu, dass diejenigen, die am Gespräch beteiligt sind, oft nicht diejenigen sind, die über die Realisierung der Vereinbarungen entscheiden. Eine Verbindlichkeit von Absprachen ist deshalb häufig nicht zu gewährleisten, weil die Entscheidungsträger ganz andere Prioritäten setzen können. Wenn Zuständigkeits- oder Kostenfragen letztlich ein im Hilfeplangespräch als sinnvoll erachtetes Hilfekonzept kippen, führt das nicht dazu, das Vertrauen der Hilfe suchenden Partei in die Jugendhilfe im Allgemeinen und in die Hilfeplanung im Besonderen zu stärken.

Neue Verfahren schaffen neue Probleme

In vielen Hilfeplangesprächen wird deutlich: Die Sprache der Fachkräfte ist oft nicht die Sprache der Klienten. Manche Hilfeplangespräche erinnern eher an eine Neuauflage der babylonischen Sprachenverwirrung. Die Professionellen reden an den Klienten vorbei, die mit ihnen am selben Tisch sitzen. Deutet sich in der Diskussion ein Konsens an, geben sich alle oft zu schnell zufrieden, nicken ab und gehen in ihr Alltagsgeschehen zurück. Wenn sich die Fachkräfte im Hilfeplangespräch nicht vergewissern, dass die Klienten Inhalt und Tragweite der vorgeschlagenen Maßnahme verstehen und sie diese mittragen, brauchen sie sich hinterher über mangelnde Kooperationsbereitschaft der Klienten nicht zu wundern. Beim nächsten Hilfeplangespräch kommt es zu einer Wiederholung dieser unbefriedigenden Gesprächssituation, und die Klienten fühlen sich wiederum ausgegrenzt. Unter dem erhöhten Druck, eine Erfolg versprechende Maßnahme zu gestalten, werden neue Ziele formuliert - mitunter auch unter der Androhung von Konsequenzen, die eine Verschärfung der Hilfen zur Erziehung bedeuten, zum Beispiel die Umwandlung einer ambulanten oder teilstationären Maßnahme in eine stationäre Unterbringung. Im Laufe eines solchen Prozesses sind die meisten Kinder und Jugendlichen unterwegs längst ausgestiegen, ohne dass es groß aufgefallen wäre. Sie erleben Hilfe zur Erziehung als von oben verordnet und nicht als eine sinnvolle Unterstützung, für die sie sich im Dialog entschieden haben. Die Frage "Warum bin ich eigentlich hier im Kinderdorf?" begleitet sie dann für lange Zeit. Dies führt insbesondere dann zu unvermeidlichen Problemen, wenn es keinen Minimalkonsens in der Haltung der Beteiligten und eine dementsprechend gemeinsame Sprachregelung zu dieser Frage gibt.

Im Dreieck zwischen Jugendamt, Eltern und Einrichtung sind häufig die Zuständigkeiten nicht klar geregelt, und es kommt immer wieder zu einem regelrechten Rollenwirrwarr. Zwischen den beteiligten Parteien müssen Interessen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten ausgehandelt und geklärt werden, damit der Hilfeprozess für alle transparent wird: Wer übernimmt welche Aufgabe? Wer entscheidet über Erfolg oder Misserfolg einer Maßnahme? Wie kann der Spagat zwischen Beratungs- und Kontrollfunktionen des Jugendamtes aufgelöst werden? Wer entscheidet letztendlich im Konfliktfall? Diese und eine Reihe anderer Fragen sind zu beantworten, um die Zusammenarbeit positiv und zielorientiert zu gestalten und zu beeinflussen.

Einen weiteren wichtigen Faktor sehen wir darin, Ziel und Zweck der geplanten Maßnahme genau zu formulieren, und zwar so, dass genügend Spielraum für die Prozessentwicklung bleibt. Werden beispielsweise die Ziele zu allgemein formuliert, sind sie wenig aussagekräftig, bieten jedoch für die Einrichtung einen großen Gestaltungsspielraum, was wiederum aber eine Überprüfung der Zielerreichung schwierig macht. Ziele müssen konkret, nachvollziehbar und vermittelbar formuliert werden. Nur so sind sie überprüfbar, nur so ist der Handlungsspielraum für eine solide pädagogische Arbeit gewährleistet und kann das Hilfeplanverfahren dem pädagogischen Qualitätsanspruch gerecht werden. Die Anwendung der SMART-Formel bei Zielformulierungen gehört zum Standardrepertoire in unserer Einrichtung wie bei den meisten Jugendämtern, mit denen wir zusammenarbeiten

Den Supermarkt der Hilfen, in dem sich betroffene Familien selbstbestimmt bewegen und das zu ihnen passende Angebot auswählen, gibt es leider nicht. Nicht nur in den Augen vieler Betroffener ist es immer noch so, dass das zuständige Jugendamt ein Urteil über die Zukunft einer Familie fällt und die angesprochene Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung dieses Urteil in die Tat umsetzt. Der Hilfeplan - nichts weiter als ein Herrschaftsinstrument und die Einflussmöglichkeiten der Betroffenen gleich null? Nur wenn wir den Dialog mit allen Beteiligten und Betroffenen suchen, kann die Antwort ein klares Nein sein.

Beteiligung ermöglichen: Praxisexperimente

Die Ansprüche des SGB VIII, das eine neue Art des Denkens in der Kinder- und Jugendhilfe eingeführt und die Beteiligung der Betroffenen zum Ziel hat, sind in der Praxis bis heute nur ansatzweise spür- und erlebbar. Zu wenige Eltern, Kinder und Jugendliche sind sich darüber bewusst, dass sie Rechte haben und ihnen der Anspruch auf Hilfen zur Erziehung zusteht, nur wenige Eltern kämpfen bei familieninternen oder sozial bedingten Problemen um ihr Recht. Stattdessen sehen sich viele im Hilfeplanverfahren eher als Opfer denn als Anspruchsberechtigte.

"Was habt ihr da über mich geredet?" - diese und ähnliche Nachfragen der Kinder und Jugendlichen haben wir immer wieder nach erfolgten Hilfeplanungen gehört. Wir haben deshalb in unserer Einrichtung begonnen zu experimentieren, wie wir den Kindern und Jugendlichen zu ihrem verbrieften Recht auf Beteiligung verhelfen können. Wir möchten nicht verschweigen, dass dies zunächst oft gegen den ausdrücklichen Widerstand der Kinder und Jugendlichen geschah: "Da will ich nicht hin, das ist mir zu langweilig!", "Ich muss immer weinen, wenn ich meine Mama sehe!", "Ich darf ja doch nicht nach Hause!", "Ich habe Angst!" Solchen Reaktionen begegneten wir damals wie heute, wenn Kinder und Jugendliche es nicht gewohnt sind, an Hilfeplangesprächen teilzunehmen. Wir wollten diese Gefühle der Angst und der Bedrohung nicht übergehen und haben neue Verfahren erdacht und erprobt, die den Kindern und Jugendlichen die Angst vor der unbekannten Situation nehmen und ihnen Aktionsmöglichkeiten eröffnen sollten. So entdeckten immer mehr Kinder und Jugendliche die Hilfeplanung als ein Forum zur Vertretung ihrer ureigensten Interessen.

Als eine Kollegin zum ersten Mal eine Handpuppe in Gestalt der kleinen Maus "Flax" mit in ein Hilfeplangespräch nahm, haben wir ihren Mut bewundert. Wir wussten, dass dieses Gespräch sehr belastet sein würde - es ging um Trennung, um Abschiednehmen, um eine ungewisse Zukunft. Der kleine Junge war bei diesem Gespräch die ganze Zeit über dabei. Wir befürchteten, dass die Handpuppe eine lächerliche, nicht ernst zu nehmende Komponente in das Gespräch bringen würde. Wir hatten uns getäuscht! Das Gespräch bot zwar all das, was wir erwartet hatten: Trotz, Tränen, Verletzung und Hilflosigkeit. Die kleine Stoffmaus aber wurde zur zentralen Figur, sie redete mit allen Beteiligten, stellte eindeutige Fragen und bekam eindeutige Antworten, konnte frech, direkt und ehrlich sein. Ohne sie wäre das Gespräch anders verlaufen, der Junge hätte sich wahrscheinlich nicht so öffnen können, wie er es getan hat, und die Erwachsenen hätten sich vermutlich nicht so deutlich geäußert, wie es von ihnen erwartet wurde. Mittlerweile gibt es in dem Team eine ganze Reihe verschiedener Tierhandpuppen. Die Kinder können sich vor dem Gespräch diejenige auswählen, von der sie sich am besten unterstützt wissen. Ein Achtjähriger wählte einmal eine kleine Stoffbiene, "damit die Frau vom Jugendamt mal so richtig gestochen wird!" Wir haben ihn selten so selbstbewusst in einem Kreis von Erwachsenen erlebt!

Selbstverständlich können die Kinder und Jugendlichen auch noch auf andere Weise zur aktiven Teilnahme motiviert werden; sie können zum Beispiel eine Person ihres Vertrauens zur Unterstützung in das Hilfeplangespräch mitbringen. Dies kann die Lieblingslehrerin, ein Freund oder eine sonstige Vertrauensperson sein. Das Gefühl, nicht alleine dazustehen und der Erwachsenenrunde hilflos ausgeliefert zu sein, besiegt die Angst davor, die eigene, kindliche Position einzubringen. Es war beeindruckend zu erleben, wie beispielsweise eine Schulfreundin jede Sache, die sie nicht verstanden hatte, keck nachfragte und die Erwachsenen dadurch zwang, ihre Aussagen zu reflektieren, neu zu formulieren oder aber auch zu korrigieren. Der Hilfeplan wird auf diese Weise zum öffentlichen Raum und muss sich vor dieser Öffentlichkeit bewähren.

Natürlich geschieht es immer wieder, dass Kinder diesen Raum für sich nicht nutzen können oder wollen. In der Vorbereitung auf das Hilfeplangespräch können sie aber mit ihren Bezugsbetreuern Standpunkte erarbeiten, die sie für wichtig halten. Dazu wird ihnen in jedem Fall der Inhalt der Tischvorlage (s.o.) auf altersgemäße Weise und der Entwicklung entsprechend vermittelt. Bei jüngeren Kindern geschieht dies in der Regel sinngemäß und in einer kindgerechten Sprache. Je älter Kinder sind, desto eher kann man die Tischvorlage Satz für Satz mit ihnen durchgehen.

Außerdem ist in unserer Tischvorlage ein Blatt für die Kinder bzw. Jugendlichen vorgesehen, auf dem ihre Anmerkungen - Wünsche, Befürchtungen, Standpunkte - zu jedem Bereich, der angesprochen wird, mit ihnen zusammen vermerkt werden. Sie haben dort außerdem die Möglichkeit, den jeweiligen Bereich aus ihrer Warte zu bewerten. Jüngere Kinder benutzen dazu die Ampelfarben (rot-gelb-grün) und die Älteren Schulnoten. Wenn wir feststellen, dass ein Kind/ Jugendlicher, mit dieser Art, seine Standpunkte in das Hilfeplangespräch einzubringen, nicht zurechtkommt, greifen wir auf alternative Methoden zurück: Sie können dann zum Beispiel in einem Brief oder Bild festgehalten werden. Die Bezugsbetreuer übernehmen im Hilfeplangespräch die Rolle der Botschafter, um die Themen und Anliegen des Kindes aktiv und parteiisch zu vertreten - wie dies geschehen soll, wird vor dem Hilfeplangespräch ausdrücklich zwischen Bezugsbetreuer und Kind besprochen.

Der Begriff der "Partizipation" ist in Mode gekommen, und das ist gut so. Der Ausschluss von Kindern und Jugendlichen von den Entscheidungen über ihre Belange bzw. ihre Zukunft ist eine Form institutioneller Gewalt auch in unseren Einrichtungen. Allzu schnell rechtfertigen wir uns damit, eine Beteiligung sei zu belastend, zu uninteressant, zu unwichtig. Dabei sind es meist die eigene Hilf- und Fantasielosigkeit, die Unfähigkeit, mit negativen Reaktionen umzugehen, oder einfach nur die professionelle Angst vor dem Unsagbaren, das zur Sprache kommen könnte.

Erfahrungen mit unseren kinderdorfinternen Kinder- und Jugendkonferenzen zeigen, dass es günstig ist, wenn Kinder und Jugendliche auch außerhalb der Hilfeplangespräche Formen der Mitbestimmung kennen gelernt und als sinnvoll erlebt haben. Sie können dann leichter nachvollziehen, wie wichtig es ist, dass sie sich auch in der Hilfeplanung für ihre Angelegenheiten engagieren. Dies erfordert jedoch, die Gespräche kindgemäß zu gestalten und ihre Bedürfnisse spürbar und erlebbar umzusetzen.

Ein großes Problem für die Kinder und Jugendlichen bei Hilfeplangesprächen stellt die Anzahl der beteiligten Erwachsenen dar: Neben den Eltern, Einrichtungs- und Jugendamtsmitarbeitern sitzen unter Umständen auch noch Lehrer und andere Fachkräfte, die mit dem Kind oder Jugendlichen arbeiten, in der Runde. Eine derart mit Erwachsenen überfrachtete Gesprächssituation trägt nicht unbedingt zur Motivation von Kindern oder Jugendlichen bei, sich frei zu äußern, zumal wenn die Beziehungen nicht unbelastet sind.

Die Eltern der Kinder und Jugendlichen sind nach wie vor häufig nur als Randfiguren an dem Verfahren beteiligt. Oft scheinen sie das, was da mit ihnen und ihren Kindern abläuft, nicht recht zu begreifen. Die Fachkräfte geben sich verständnisvoll, bestimmen aber letztlich die weitere Richtung und stellen die Weichen für die Fortführung der Maßnahme. Nur eine konsequente ressourcen- und lösungsorientierte Vorgehensweise kann gewährleisten, dass Eltern sich angemessen einbringen. Dies wird durch die begleitenden Beratungsangebote in den einzelnen Hilfemaßnahmen abgesichert. Hilfreich sind an dieser Stelle Methoden der systemischen Familienberatung und -therapie. Wir sehen es als unsere Verantwortung an, die Dynamik des Gesamtsystems Einrichtung/ Familie immer wieder zu reflektieren und gegebenenfalls so zu verändern, dass echte Beteiligung möglich wird. Es ist auf diesem Weg möglich, einerseits dem Vorwurf entschieden entgegenzutreten, den Eltern mangele es an Einsichtsfähigkeit, und sie andererseits gut auf die Hilfeplangespräche vorzubereiten.

In anderen Fällen sind Eltern gut vorbereitet und informiert, fordern ihr Mitbestimmungsrecht ein, beteiligen sich dementsprechend und bringen somit die gewünschten Voraussetzungen für die Mitwirkung am Hilfeplan mit. Allerdings ist dies nicht unbedingt leichter für Jugendamt und Einrichtung. Solche Eltern bringen Unruhe in den gewohnten Einrichtungsablauf, sie hinterfragen und zwingen die Profis, sich mit ihren unbequemen, manchmal fachlich nicht fundierten Meinungen und Argumenten auseinander zu setzen. Hier sind die Fachkräfte gefordert, die von ihnen als erfolgreich eingeschätzten Maßnahmen zu reflektieren, eventuell Korrekturen vorzunehmen und anzuerkennen, dass auch Problemlösungen greifen können, auf die die Familie setzt - auch wenn diese nicht mit den eigenen Vorstellungen übereinstimmen.

Hilfeplanung heißt dementsprechend, einen Dialog für alle Beteiligten anzubieten, der vom Ergebnis her offen ist, der die Möglichkeiten aber auch Grenzen einer weiteren Entwicklung verdeutlicht. Inwiefern befähigen wir durch unsere Arbeit Kinder, Jugendliche und ihre Herkunftsfamilien, sich mitzuteilen und ihre Interessen zu vertreten? Wie viel Raum bekommen die Betroffenen, ihre Bedürfnisse und Wünsche, ihre Problemsicht und Lösungsvorschläge zu artikulieren? Allzu oft verlaufen Hilfeplangespräche zu abgehoben oder verlieren sich in fachlichen Einzelheiten, als dass die Kinder und Jugendlichen sich dafür interessieren und sie verstehen könnten.

Wir haben dafür Sorge zu tragen, dass Kinder und Jugendliche angemessen, das heißt ihrem Alter und Entwicklungsstand entsprechend, beteiligt werden und müssen hierfür die geeigneten Formen finden. Wir praktizieren verschiedene Modelle von der uneingeschränkten Teilnahme am Hilfeplangespräch bis hin zu einer Befragung oder Vorbereitung im Vorfeld, die mit einer zeitlich begrenzten Teilnahme kombiniert werden kann. Ist eine Teilnahme der Kinder und Jugendlichen nicht vorgesehen, liegt es an uns, darauf hinzuarbeiten, dass diese in sinnvoller Weise am Gespräch beteiligt werden.

Strukturelle Probleme und Forderungen

An den Hilfeplangesprächen nehmen in der Regel die Entscheidungsträger der Jugendämter nicht teil. Dies hat zur Folge, dass in den Hilfeplangesprächen zwar Bedarf benannt und eine bestimmte Erziehungshilfe, die Veränderung einer Hilfe, die Unterstützung in einer laufenden Erziehungshilfe oder eine spezielle Förderung ausgehandelt und vereinbart werden. Die Entscheidung darüber, ob die entsprechende Maßnahme auch genehmigt wird, erfolgt häufig erst nach dem Gespräch im Amt und ohne Beteiligung der Klienten. Vor allem wenn die ausgehandelte Hilfe mit einem Anstieg der Kosten verbunden ist, kommt es vor, dass sie bei der Rücksprache im Amt abgelehnt wird. Damit beginnt ein neuer Aushandlungs- und Entscheidungsprozess im Jugendamt, der ohne Beteiligung der Betroffenen stattfindet und von ungewissem Ausgang ist. Ähnliches widerfährt uns als regionale Einrichtung eines zentral organisierten Jugendhilfeträgers. Viele der in Hilfeplangesprächen als notwendig erkannten Vereinbarungen durchlaufen nach den Gesprächen einen neuen Entscheidungsprozess in der Geschäftsstelle des Trägers. Das vorher von allen gemeinsam erarbeitete Ergebnis des Hilfeplangespräches wird somit im Nachhinein in seiner Bedeutung und seiner Konsequenz relativiert oder infrage gestellt.

Unserer Ansicht nach muss man sich für eine der beiden folgenden Möglichkeiten entscheiden: Entweder werden Hilfeplangespräche zu einem Entscheidungsforum gemacht, in dem die Entscheidungsträger des Jugendamtes, der wirtschaftlichen Jugendhilfe und des Jugendhilfeträgers beteiligt sind, wenn es um verbindliche Absprachen geht. Oder Hilfeplangespräche werden nicht als Entscheidungsforum, sondern konsequent als Gesprächsforum gesehen, in dem Hypothesen, Möglichkeiten, Notwendigkeiten und Veränderungswünsche unter dem Vorbehalt formuliert werden, dass diese an anderer Stelle und in anderen Zusammensetzungen weiterentwickelt und entschieden werden. In der Praxis ist die zweite Form aufgrund der Struktur der Jugendämter und unseres Trägers die häufigere.

Ohnehin ist es schwierig, sich auf eine gemeinsame Problemdefinition der am Hilfeplangespräch Beteiligten zu verständigen, zu unterschiedlich werden Situationen und Verhaltensweisen erlebt und bewertet. Häufig setzen sich diejenigen mit ihren Sichtweisen durch, die sowohl das Recht wie auch die Pflicht zur Kontrolle, zur Bewertung und zu Eingriffen haben. Sie bestimmen die Diskussion und damit auch das vermeintlich einvernehmliche Ergebnis des Gespräches. Wir ziehen daraus den Schluss, dass es wenig Zweck hat, in Hilfeplangesprächen unbedingt auf einen Konsens hinzuarbeiten, der in vielen Fällen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern abgerungen wird und dem diese lediglich verbal zustimmen. Besser wäre es, die unterschiedlichen Sichtweisen, Erwartungen, Forderungen und auch die Ängste, Bedenken und Widerstände gegen bestimmte Lösungen deutlich zu machen, um ihnen im Hilfeplanungsprozess angemessen Raum und Bedeutung zu verschaffen und die Möglichkeit offen zu halten, sie wieder zum Thema machen zu können. Vor allem wollen wir auch die Forderungen und Entscheidungen in den Hilfeplan aufnehmen, die nicht konsensfähig sind, und dabei kenntlich machen, wer der jeweiligen Entscheidungsträger partiell Verantwortung für die nicht konsensfähigen Forderungen und Entscheidungen übernimmt. Nur so scheint es uns möglich zu sein, alle Beteiligten ernst zu nehmen und ihr Wollen möglichst eindeutig und klar umzusetzen.

Situationen zu gestalten, in denen äußerst unterschiedliche Interessenlagen vertreten sind, wie das bei den Hilfeplangesprächen der Fall ist, stellen hohe Anforderungen an Kommunikationsfähigkeit und Gesprächsführungskompetenzen. Soll nicht ein reines Verwaltungsverfahren ablaufen, muss Hilfeplanung als Kommunikationsplanung verstanden werden. Die Gesprächssituationen in der Hilfeplanung sind oft durch das Gesprächsverhalten der Fachkräfte dominiert. Diese sind darin geübt, sich sprachlich versiert auf abstraktem Niveau zu verständigen, und sie verfügen über soziale Fertigkeiten, um sich in Gruppendiskussionen zu behaupten. Davon abweichende Muster im Sprachverhalten, in Gestik, Mimik und Haltung erschweren die Beteiligung der nichtfachlichen Teilnehmer an dem Gespräch und die Einflussnahme auf dessen Verlauf.

Damit Klienten in der Hilfeplanung zum Zug kommen, ist es erforderlich, die Sachverhalte in anschaulicher und handlungsbezogener Form zu erörtern und gemeinsame Handlungserfahrungen bewusst herbeizuführen, zum Beispiel durch regelmäßige Teilnahme von Erziehungsberechtigten am Gruppenalltag, durch partielle Übernahme von Aufgaben durch Erziehungsberechtigte auch während der stationären Unterbringung der Kinder. Klienten müssen auf die Gesprächssituationen im Hilfeplanungsprozess vorbereitet und dazu befähigt werden, sich in ihnen zu behaupten. Dies geschieht durch Kontakt- und Beziehungsaufbau vor und außerhalb der Hilfeplangespräche, durch Informationen und Darstellung des Handlungsrahmens im Vorfeld, durch Einsatz beteiligungsorientierter und visualisierender Methoden.

Darüber hinaus muss man sich klarmachen, dass Eltern und Kinder Hilfeplangespräche nicht nur als einen Ort erleben, an dem ihnen die Mitbestimmung in ihren Angelegenheiten ermöglicht werden soll. Sie erleben auch, dass hier ihre privaten und persönlichen Angelegenheiten veröffentlicht werden, dass Menschen sich hier in ihr Leben einmischen und für sie Entscheidungen treffen, die mit ihren Belangen aus ihrer Sicht nichts zu tun haben. Solches zu erleben, solchen Situationen ausgesetzt zu sein, motiviert nicht dazu, engagiert und offen mitzuarbeiten sondern führt eher dazu, Vorschläge abzuwehren, sich zu verschließen und zu taktieren. Erst die Erfahrung, mit eigenen Sichtweisen und Meinungen gehört und ernst genommen zu werden, eigene Stärken und Lösungswege einbringen zu können und Forderungen, Erwartungen und Zielen, auch wenn sie nicht sofort konsensfähig sind, Raum und Geltung verschaffen zu können, führt dazu, sich zu öffnen und auf einen gemeinsamen Prozess einzulassen.

Divergierende Interessen von Einrichtungen, Jugendämtern und Klienten, die öffentliche Finanzlage, die jeweilige Angebotsstruktur in der Region und der unterschiedliche Informationsstand der Teilnehmer lassen häufig weder eine vollständige Mitsprache der Betroffenen zu noch die Inanspruchnahme des gesetzlich garantierten Wunsch- und Wahlrechts. Wenn Jugendhilfeplanung nicht als formales Verfahren abgehandelt werden soll mit einer starren Abfolge von Problemanalyse, Zielformulierung und Hilfeform, sondern als ein interaktiver Prozess, in dem Hypothesen und Lösungsmöglichkeiten kontinuierlich überprüft, korrigiert, ausgehandelt und erneuert werden, müssen dieses Verfahren und die Organisation der notwendigen Hilfen entsprechend flexibel angelegt sein. Das heißt, Jugendhilfe in ihrer qualitativen und strukturellen Form darf sich nicht an den Bedingungen der jeweiligen Institutionen in der Region und ihrer bereits ausgeprägten Angebotsstruktur orientieren sondern muss ihr Selbstverständnis an den erzieherischen Bedürfnissen und den Ressourcen der Kinder und Jugendlichen und ihrer Eltern ausrichten.

Nur unter dieser Voraussetzung kann Hilfeplanung als Mitbestimmungsinstrument genutzt werden, das zentrale Bedeutung für die Maßnahme und ihre Ausgestaltung hat und die Klienten an dem Gesamtprozess so weit wie möglich beteiligt. Eine solche qualitative Hilfeplanung und die ihr entsprechenden Hilfen zur Erziehung müssen folgenden Kriterien genügen:

  • Die Funktion, die Kompetenzen und die Handlungsspielräume der Hilfeplangespräche sind geklärt.
  • Die Verantwortung ist beschrieben und eindeutig zugeordnet, dasselbe gilt für das Konfliktmanagement.
  • Die Probleme sind möglichst vielschichtig beschrieben, unterschiedliche Sichtweisen sind berücksichtigt.
  • Zur Vorbereitung der Problembeschreibung werden visualisierende Methoden eingesetzt.
  • Die unterschiedlichen Interpretationen und Erklärungen sowie die Dissense werden konkret benannt.
  • Die Hilfeplanung erfolgt handlungsorientiert.
  • Die gewählte Hilfeform und das jeweilige Betreuungssetting werden in jedem Einzelfall individuell begründet.
  • Im Verlauf der erzieherischen Hilfe wird konkret beschrieben, wie die Eltern einbezogen, wie mit ihnen zusammengearbeitet wird und wie die Verantwortung im Einzelnen verteilt ist.
  • Die Einbindung in eine kontinuierliche Beziehung ist sichergestellt auch für den Fall, dass sich die Hilfeform ändert.
  • Ändern sich Problemlagen, Einschätzungen und Hypothesen, wird das Betreuungssetting entsprechend verändert.

Im Gesetzestext heißt es, dass die Kinder und Jugendlichen ihrem Entwicklungsstand entsprechend beteiligt werden sollen. Da wird nicht infrage gestellt, ob sie denn beteiligt werden können. Wenn, wie wir neulich erlebt haben, ein Jugendlicher sich das letzte Hilfeplanprotokoll noch einmal kritisch vornimmt, die einzelnen Inhalte mit dem heutigen Stand vergleicht und für das nächste halbe Jahr zwei konkrete Ziele für sich benennt, dann ist das für uns ein Stück real gewordene Vision, wie sie im SGB VIII eingefordert wird.

Hilfeplanung: Anspruch und Anliegen

1. Die Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII beinhaltet den Anspruch, Erziehungshilfe in einem gemeinsamen Prozess zu vollziehen, in dem Leistungsberechtigte, Leistungsadressaten, Jugendamt und freie Träger gleichberechtigt beteiligt sind und in dem vor allem die Leistungsadressaten einen eigenständigen Subjektstatus einnehmen; sie sind zentrale Teilnehmerinnen und Teilnehmer in diesem Aushandlungsprozess.

2. Als Anliegen der Hilfeplanung können deshalb im Einzelnen formuliert werden:

  • die gemeinsame Entscheidung über notwendige und sinnvolle Hilfe,
  • die Transparenz der Vorstellungen, Annahmen und Erwartungen aller Beteiligten,
  • ein gemeinsamer Gestaltungsprozess,
  • die Achtung der Subjektstellung der beteiligten Personen,
  • die Befähigung der Betroffenen, eine eigenverantwortliche Entscheidung über die Inanspruchnahme der Hilfe zu treffen,
  • eine vertrauensvolle Atmosphäre, Offenheit und Einfühlungsvermögen als Grundlage der Gespräche, Verzicht auf Abwertungen, Vorwürfe oder Schuldzuweisungen.

Wesentliche Gliederungspunkte der Hilfeplangespräche sind somit:

  • Teilnehmerkreis und rechtliche Stellung,
  • Feststellung des erzieherischen Bedarfs,
  • Feststellung über die zu gewährende Hilfe,
  • notwendige Leistungen.

Daraus ergeben sich die Inhalte des Hilfeplans:

  • Beschreibung der Lebens- und Erziehungssituation durch die Sorgeberechtigten,
  • Beschreibung der Lebens- und Erziehungssituation durch die Kinder,
  • Gründe, die die Gewährung von Hilfe zur Erziehung sinnvoll und notwendig erscheinen lassen; Identifizierung der spezifischen Problemlagen und Probleme, die der angemessenen Erziehung, Betreuung, Förderung der Kinder entgegenstehen oder diese behindern,
  • Beschreibung einer gemeinsamen Zielsetzung der erzieherischen Hilfe,
  • Beschreibung eines Programms zur Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie,
  • Verteilung von Aufgaben zwischen Eltern, Jugendamt und Einrichtung; Treffen von Vereinbarungen, um unter Einbeziehung von Hintergrund und Möglichkeiten in kleinen und für die Betroffenen auch real erreichbaren Teilzielen dem größeren Ziel näher zu kommen,
  • Verständigung über Kontakte und Besuchsmodalitäten,
  • Festlegung des voraussichtlichen Zeitpunktes für die Beendigung der Hilfe beziehungsweise der Überprüfung der gesetzten Annahmen.

3. Damit ist die Erwartung verbunden, dass die Entscheidung über Erziehungshilfen und die Gestaltung und Begleitung der Hilfeplanungsprozesse nicht mehr ein expertengesteuerter Vorgang, sondern ein mit den Adressaten gemeinsam zu gestaltender Prozess ist, in dem durch die Beteiligten die Situation definiert wird, Veränderungsnotwendigkeiten und -perspektiven erarbeitet und von allen akzeptierte Wege zur Problembewältigung ermittelt werden.

Autoren/Adresse

Inge Göbbel
Martin Kühn
Eckhard Thiel
SOS-Kinderdorf Worpswede
Weyerdeelen 4
27726 Worpswede
Tel.: 04792/93 32-0
Email:
kd-worpswede@sos-kinderdorf.de

SOS-Kinderdorf Worpswede

Das SOS-Kinderdorf Worpswede ist ein Jugendhilfeverbund mit differenzierten Angeboten zur stationären und teilstationären Unterbringung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen und zur ambulanten Beratung und Förderung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien. Zum Angebot gehören fünf Kinderdorffamilien, vier familienanaloge Wohngruppen, eine Wohngruppe für kurz- und mittelfristige Unterbringung, eine heilpädagogische Integrationsgruppe, eine Jugendwohngruppe, ein Verselbständigungsangebot für junge Menschen, eine Tagesgruppe, ambulante Betreuung für Jugendliche und junge Erwachsene, ein ambulantes Mutter-Kind-Angebot, eine Kindertagesstätte, zwei Krippen und eine Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern.

Wir verstehen uns bewusst als Teil des Jugendhilfeangebotes der Region und stimmen somit unsere Angebote auf die regionalen Anforderungen und auf den vorhandenen und sich verändernden Bedarf der Kinder und ihrer Familien ab.

Als Verbundeinrichtung haben wir die Möglichkeit einer Binnendifferenzierung der Hilfen zur Erziehung, indem wir beispielsweise die Durchlässigkeit unserer verschiedenen Angebote erhöhen. Wir haben Spielraum, auch individuelle Lösungen im Verlauf der Hilfeplanung zu entwerfen, und wir arbeiten intensiv an der Entwicklung neuer Beteiligungsstrukturen für Kinder, Jugendliche und ihre Familien. In diesem Kontext kann der Hilfeplan - in Rückkoppelung mit Familie und Jugendamt - zu einem wirkungsvollen Instrument zur Überprüfung des laufenden Entwicklungsprozesses werden.

Fachmagazin SOS-Dialog

Email: info.spi@sos-kinderdorf.de
Website: http://www.sos-fachportal.de

Quelle

Aus: SOS-Dialog, Fachmagazin des SOS-Kinderdorf e.V., Hilfeplanung, 2000, S. 18-25. Eingestellt am 29.05.2002, im März 2015 von Eckhard Thiel überprüft und aktualisiert