Entwicklung und Hintergrund des PEKiP

Christa Ruppelt

Zu einem Zeitpunkt, in dem etwa 400 ausgebildete Gruppenleiterinnen Gruppen nach der Methode des Prager-Eltern-Kind-Programms durchführen, möchte ich einmal kurz die wesentlichen Aspekte des Programms, die mir seit seiner Einführung 1973 wichtig waren, skizzieren.

Das Prager-Eltern-Kind-Programm ist ein Angebot der Elternbildung im Sinne einer Entwicklungsbegleitung während des ersten Lebensjahres des Kindes. Mit den Anregungen des Prager-Eltern-Kind-Programms können die Eltern beginnen, wenn die Phase der Gewichtsabnahme nach der Geburt vorüber ist und das Kind zuzunehmen beginnt. Aus organisatorischen Gründen (Abschluß der 3. Vorsorgeuntersuchung, Kursangebote der Träger der Gruppenarbeit usw.), hat es sich als günstig erwiesen, mit Kindern im Alter von 4 bis 6 Wochen zu beginnen. Dieser frühe Beginn der Gruppenarbeit mit Eltern und Säuglingen erscheint mir unverändert sinnvoll, weil so die ganzheitlichen Bewegungsanregungen von J.Koch stufenweise vermittelt und erfaßt werden können und die Eltern bei dem Aufbau der Beziehung zu ihrem Kind Hilfe und Unterstützung durch das Gespräch in der Gruppe und mit der Gruppenleitung erfahren.

Da entsprechend dem Alter der Kinder und der Länge der Wachzeiten die Zeit der Gruppentreffen für die Bewegungs- und Spielanregungen und für den Erfahrungsaustausch zwischen den Erwachsenen genutzt wird, entwickeln sich die Gruppen mit mehr Gleichmaß und Ruhe, wenn durch den Beginn der Gruppenarbeit mit jungen Säuglingen aufgrund der kurzen Wachzeiten die Gespräche in der Gruppe wenig gestört und intensiv sein können.

Die Gruppensituation kann mit ihren Spiel- und Bewegungsangeboten den Hintergrund für viele wichtige Entscheidungen schaffen, die die Erwachsenen in Bezug auf Kinder treffen, zum Beispiel:

  • ob sie die freie Bewegung der Kinder zulassen oder einschränken,
  • ob sie die Bedürfnisse der Kinder nach Nähe erfüllen oder Distanz vorziehen.

Diese grundlegenden Entscheidungen bestimmen wieder viele Folgeentscheidungen, sowohl im Bereich des täglichen Umgangs miteinander wie bei vielen ganz praktischen Lösungen, die im Zusammenleben mit einem Säugling immer wieder notwendig werden. Natürlich sind solche grundlegenden Entscheidungen nicht als absolut anzusehen, die Wahl der Richtung ist jedoch ausschlaggebend.

Jeder Erwachsene, der mit einem Kind zusammenlebt, muß zwischen solchen Alternativen wählen. Das Besondere der Gruppensituation im Prager-Eltern-Kind-Programm ist die Chance, diese Wahl vor dem Hintergrund vermehrter Informationen und unter Einbeziehung eigener und fremder Erfahrungen zu treffen.

Im Prager-Eltern-Kind-Programm werden die Bewegungs- und Spielanregungen von J. Koch in einer entspannten Spielsituation vermittelt. Die Gruppenstunde soll eine Zeit sein, in der der Erwachsene sich selbst und sein Kind im Spiel erlebt und auch an der Beziehung der anderen Erwachsenen-Kind-Paare Anteil nehmen kann.

In der Gruppenstunde, in der sich der Erwachsene aus seinen sonstigen Verpflichtungen heraus für das Kind freimacht, stellt er sich dem Kind als Spielpartner zur Verfügung. Auch räumlich begibt er sich auf die Ebene des Kindes, indem beide auf einer Matte auf dem Boden spielen. Diese für viele Erwachsene neue Spielsituation in der Gruppenstunde erleichtert ihm ein Wahrnehmen und Akzeptieren der kindlichen Situation. Die dabei entstehende Atmosphäre ermöglicht es dem Erwachsenen, Anregungen und Hilfestellung in einer dem Kind gemäßen Form zu geben. Dem Kind ermöglicht sie, sich beim Spiel unbekannten Dingen gegenüber aktiv und neugierig zu verhalten.

Obwohl die Anregungen und Angebote des Prager-Eltern-Kind-Programms bestimmte Grundsätze herausstellen

  • freie und selbständige Bewegungen beim Kind,
  • eigene Aktivität,
  • Ernstnehmen der Stimmungen und Bedürfnisse des Babys,

soll das Programm als Angebot verstanden werden, das angenommen, nur teilweise angenommen oder natürlich auch abgelehnt werden kann.

Gruppengespräche beschäftigen sich häufig mit dem zentralen Thema, wie sich die Bedürfnisse der Erwachsenen und Kinder zueinander verhalten und wie ein ausgewogenes Beachten der Bedürfnisse aller erreicht werden kann. Ziel der Gruppenarbeit des Prager-Eltern-Kind-Programmes ist es, das Spektrum der Gesichtspunkte zu erweitern, die den Hintergrund für Verhalten und Entscheidungen bilden. Es geht nicht darum, Ratschläge unreflektiert anzunehmen, sondern um eine individuelle, eigene und neue Lösung für die jeweilige Situation des Erwachsenen mit dem Kind.

Das Erleben der Verbundenheit mit dem Kind beim Spiel und die damit verknüpfte Erfahrung, wie sehr das kleine Kind die Nähe des Erwachsenen braucht und sucht, erweisen sich in der Gruppe als eine gute Voraussetzung für die Diskussion aller Fragen.

Eine wichtige Chance der Gruppenarbeit des Prager-Eltern-Kind-Programms liegt darin, daß Schwierigkeiten, die für die Eltern in und außerhalb der Gruppe auftauchen, geäußert werden können und daß zusammen mit anderen Gruppenteilnehmern und der Gruppenleitung nach Lösungen gesucht wird.

Wenn der Erwachsene die Situation des kleinen Kindes erfaßt, das Reglementierungen noch nicht einsehen kann und den starken Wunsch hat, in der Nähe des Erwachsenen zu sein, so ergibt sich eventuell als Schlußfolgerung:

Wichtig ist für das kleine Kind zunächst das Herstellen einer inneren Sicherheit. Auf dieser Basis wird es bereit sein, sich auch auf die Wünsche der Erwachsenen, die ihm viel bedeuten, einzustellen. Es wird deutlich, daß ein zu frühes Hineingezwängtwerden in ein starres System, dessen Sinn das Kind noch nicht versteht, bei ihm ein Gefühl der Zurücksetzung erzeugen könnte und die Ursache für spätere überhöhte Ansprüche und Forderungen sein kann.

Weitere Informationen

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Quelle

  1. Aus: PEKiP-Info Nr. 2 vom November 1989
  2. eingestellt am 27.07.2001
  3. überprüft im März 2015