Politische Bildung in und für Europa

Gerhard Schüsselbauer und Michael Walter

 

1. Konzeptionelle Überlegungen

 

Politische Jugendbildung ist eine umfassende gesamteuropäische Aufgabe. Das neue Jahrhundert erfordert einerseits eine Auseinandersetzung mit den vielschichtigen Themen der Globalisierung und Internationalisierung, andererseits wird eine stärkere und konsequentere Europäisierung der politischen Jugendarbeit notwendig. Nicht nur der in Sonntagsreden viel beschworene "Aufbruch zum geeinten Europa", sondern auch die weltpolitischen Herausforderungen fordern die Arbeit in der Jugendbildung heraus. Dabei müssen die Aktivitäten den wechselnden welt-, europa- und deutschlandpolitischen Gegebenheiten Rechnung tragen, ohne jedoch überhastet vordergründigen Trends zu folgen. Politische Jugendbildung darf nicht mit fertigen, statischen Rezepten arbeiten, sondern muss sich permanent an dynamisch ändernde Realitäten anpassen können. Sonst droht sowohl eine verfehlte Auswahl der Themenschwerpunkte, als auch die Umsetzung eines Ansatzes, der die "Nachfrageseite" der Arbeit in der politischen Bildung gänzlich außer acht lässt.

 

Spätestens seit dem Ende des Ost-West-Gegensatzes sieht sich die europäische Bildungspolitik der gewaltigen Aufgabe einer gesamteuropäischen Integration gegenüber. Darüber hinaus dominieren die Diskussionen um die enormen Schwierigkeiten unserer faktisch existierenden multikulturellen Gesellschaften in Europa sowie extremistische und fremdenfeindliche Tendenzen in vielen europäischen Ländern von Großbritannien bis Polen und Russland, von Schweden über Deutschland bis Italien, die Agenda der politischen Bildung. Die Aussage, die Schaffung eines geeinten Europa stelle gerade für jüngere Generationen eine Herausforderung dar, ist eine Binsenweisheit. Es erfordert jedoch weitreichendere Maßnahmen, als bisher unternommen, um den wirtschaftlichen und politisch-föderativen Einigungsprozess voranzubringen. Gerade dem EU-Konvent, der die zukünftige Struktur der Europäischen Union richtungsweisend mitgestalten soll, fällt hierbei eine maßgebliche Rolle zu. Für die Überwindung des Denkens in nationalen Grenzen ist ein grundsätzlicher proeuropäischer Ansatz, ein offener Dialog und partnerschaftlicher Austausch der jungen Generationen im ehemaligen "Ost" und "West" eine wichtige Voraussetzung. Dazu gehört, dass sich West- und Mitteleuropäer über die Bedeutung einer über den gegenwärtigen Erweiterungsprozess der Union hinausgehende Architektur eines "geeinten Europa" klar werden.

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung der europäischen Dimension in der Jugendbildung wurde im Jahr 1993 die bundesweite Maßnahme "Jugend für Gesamteuropa - ein Bildungs- und Begegnungsprogramm" auf den Weg gebracht. Die Zusammenarbeit der daran beteiligten Bildungsträger der Arbeitsgemeinschaft der "Ost-West-Institute" (vgl. dazu ausführlich die Veröffentlichung der Arbeitsgemeinschaft der Ost-West-Institute, Hg.: "Europa gemeinsam gestalten - Bildung für Gesamteuropa", Celle 2000) mit dem BMFSFJ und anderen Bildungsträgern hat seit nunmehr fast zehn Jahren die bundesweite und internationale Realisierung dieses Programms nachhaltig unterstützt. Bislang konnten im Rahmen des Projektes "Jugend für Gesamteuropa" jährlich ca. 200 Einzelmaßnahmen (Seminare, Begegnungen, etc.) durchgeführt werden.

Politische Jugendbildung in und für (Gesamt-) Europa muss eine Reihe von bedeutenden Fragen und Aspekten aufgreifen:

  • Welche konkreten Ziele sollen mit einer "gesamteuropäischen" Jugendbildung verfolgt werden, wenn die einzelnen Bildungsangebote immer noch in den nationalen Kinderschuhen stecken?

  • Wie werden europäische Themen, Probleme und Tendenzen didaktisch aufbereitet, behandelt und vermittelt, z.B. Jugendkulturen, Suchtprobleme, Links- bzw. Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus?

  • Wie werden die Kernthemen Jugendarbeitslosigkeit und Berufsperspektiven in einer dynamischen Arbeitswelt sowie die Thematik des "lebenslangen Lernens" inhaltlich ausgestaltet?

  • Ist "interkulturelles Lernen" nur ein weiterer, inhaltsleerer Catch-all-Begriff, oder kann er als "methodischer Alltag" in der gesamteuropäischen Jugendbildung bei internationalen Jugendbegegnungsseminare nachhaltig verstetigt werden?

  • Welche Forderungen haben "Praktiker der europäischen Jugendbildung" an europapolitische Institutionen im Hinblick auf die Ausgestaltung einer jugendgerechten Bildungspolitik?

  • Wie kann eine stärkere Vernetzung der europäischen Bildungsarbeit erreicht werden, ohne sich in institutionellen Fallstricken gut intendierter, aber bewegungsunfähiger (Dach-) Organisationen zu verstricken?

  • Worin besteht die Qualität der gesamteuropäischen Bildungsaktivitäten, wie kann sie evaluiert und wie kann sie verbessert werden? Wie wird dabei die "europäische Dimension" im Denken und Handeln von Jugendlichen gefördert?

2. "Europäisierung" der politischen Jugendbildung

Als ein wesentlicher Bestandteil umfasst die Konzeption "Jugend für Gesamteuropa" die Partizipation und Interessenvertretung junger Europäerinnen und Europäer. Dies umfasst die Berücksichtigung und Thematisierung der politischen, ökonomischen und sozialen Situation Jugendlicher in den jeweiligen europäischen Ländern. Dabei dürfen Politik, Wirtschaft, Soziales und Kultur nicht isoliert betrachtet und behandelt werden. Es sind eher die Wechselwirkungen, die als Ganzes erst Europa in seiner heterogenen Vielfalt ausmachen. Europa charakterisiert sich nicht sosehr durch Einheit trotz oder durch Vielfalt, sondern vielmehr durch Einheit der Vielfalt. Dies führt unweigerlich zu einer themenintegrierenden und länderübergreifenden Didaktisierung der politischen Jugendbildung.

"Europäisierung" bedeutet, bezogen auf die Welt Jugendlicher und die konkrete Arbeit mit ihnen, dass:

  • "Europäisches Lernen" und "Lernen und Wissen über Europa" eine immer größere Bedeutung erhalten

  • die Betonung der interkulturellen Aspekte der Bildungsaktivitäten stark zunehmen wird

  • die "europäische Dimension" und komplexe Inhalte wahrgenommen werden (müssen)

  • Schule, Ausbildung, Berufsleben und Freizeit aufgrund der Freizügigkeiten in einem wachsenden Binnenmarkt eine immer stärkere europäische Ausrichtung erfahren (z.B. Sprachen, Mobilität)

  • Lebensstile, Trends und (Jugend-) Kulturen sich zwar nivellieren, aber regionale und lokale Identitäten eine zusehends bedeutsamere Rolle spielen.

Vor allem die Frage nach der Identität in einem geeinten Europa rückt dabei verstärkt in den Mittelpunkt. Für Jugendliche stellt es oftmals keinen Widerspruch dar, eine lokale/regionale Identität mit einer nationalen sowie darüber hinaus mit einer europäischen Identität zu verknüpfen. Darüber hinaus rückt für Jugendliche zusehends die Realisierung eigener Handlungsmöglichkeiten in einer sich permanent ändernden Arbeits- und Berufswelt in den Mittelpunkt. Ergebnisse der Shell-Jugendstudie 2002 (vgl. im Detail 14. Shell-Jugendstudie, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/Main 2002) zeigen unmissverständlich, dass Leistungs- und Berufsorientierung für Jugendliche eine dominante Rolle spielen. Im europäischen Kontext erwarten sie daher von der Bildungsarbeit Antworten und Lösungen drängender Fragen und Probleme.

Im Gegensatz zur klassischen schulischen Bildung, die tendenziell stärker national geprägt ist, kann die "Europäisierung" der außerschulischen politischen Jugendbildung eine Vorreiterrolle dahingehend übernehmen, dass bereits bei internationalen Seminaren im Ansatz konsequent ein auf partnerschaftlicher Gleichberechtigung basierender Ansatz umgesetzt wird. Insbesondere bi- und multinationale Begegnungsseminare eröffnen die Möglichkeit, einen interkulturellen und internationalen Lernprozess anzustoßen. Gerade wegen der deutlichen Motivationsdefizite und der oft mangelnden Bereitschaft Jugendlicher, sich für (europa-) politische Themen zu interessieren, muss sich die politische Jugendbildungsarbeit das breite Spektrum unterschiedlicher pädagogischer Methoden zunutze machen, um diesen Defiziten entgegenwirken zu können.

3. Gesamteuropäisches Studienwerk e.V. (GESW) in Vlotho/Weser

Das Gesamteuropäische Studienwerk e.V. (GESW), gegründet von einer Bürgerinitiative im Jahr 1954 als ein Bildungshaus der Jugend- und Erwachsenenbildung in freier Trägerschaft, führt bereits seit mehreren Jahrzehnten Seminare mit gesamteuropäischem Bezug durch. Ein Hauptaspekt der Aktivitäten des GESW umfasst die Organisation und Durchführung mehrtägiger bzw. einwöchiger, jugendspezifischer Seminare unterschiedlichen Zuschnitts, die insbesondere die Themenbereiche "Europa auf dem Weg zur Einheit" sowie "Deutschland und seine östlichen Nachbarländer - aus der Vergangenheit lernen, die Zukunft gestalten" aufgreifen. Im Rahmen der Arbeit mit internationalen Jugendgruppen aus verschiedenen europäischen Ländern legen die wissenschaftlich-pädagogischen Mitarbeiter des GESW traditionell großen Wert auf die fundierte landeskundliche Wissensvermittlung, bei der bestehende sprachliche Asymmetrien von vornherein durch eine konsequente zweisprachige Arbeitsweise abgebaut werden. Der interdisziplinäre Ansatz ermöglicht es, in Form von "Inputs" politische, ökonomische, historische und kulturelle Inhalte zu vermitteln, während die unterschiedlichen Zielgruppen später in Workshops eigene Themen unter Einsatz verschiedenster Medien gleichsam als "Output" oder "Produkte" bearbeiten. Zentrale Anliegen sind im Rahmen einer interkulturellen Begegnung der Wissenstransfer über Europa-Themen und über den jeweils "Anderen" sowie die Schaffung von Möglichkeiten der Partizipation an der Seminararbeit für alle Teilnehmenden. Den Angeboten liegt darüber hinaus im Kontext bi- und multinationaler Seminare eine konkrete, alterspezifische Zielgruppendefinition zu Grunde. Im Folgenden seien zwei Beispiele der Arbeit des GESW im Rahmen der gesamteuropäischen politischen Jugendbildung ausführlicher beschrieben:

Polen und Deutschland - Aus der Vergangenheit lernen, die Zukunft gestalten

Inputleistungen (Vorträge und Diskussionen)

  • Deutschland und Polen in Geschichte und Gegenwart

  • Polen und Deutschland - eine Interessengemeinschaft in der EU

  • Rechtsextremistische Tendenzen in D, PL und Europa

  • Interaktive Schülerumfrage zu Politik, Wirtschaft und sozialen Aspekten (D & PL)

  • EUROPA-QUIZ in acht Etappen: "Lerne Europa kennen"

Bildung von binationalen Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen

  • PL / D und Landeskunde

  • Rechtsextremismus in D und PL - Täter und Opfer

  • Mehr als zehn Jahre Transformation in Polen

  • Kreativ-Gruppe "Comic", Polen und Deutsche - Leben an der Grenze

  • Jugend & Werte - Arbeit mit Gedichten

  • Gestaltung einer Umfrage "Leben in Europa in 20 Jahren"

  • Dokumentationsgruppe

"Endprodukte"

  • Zweisprachige Zeitung DEUROPOL

  • PowerPoint-Präsentation

Präsentation der Workshopergebnisse im Plenum

4. Beispielhafte Projektseminare

4. 1 Polen und Deutschland - aus der Vergangenheit lernen, die Zukunft gestalten. Projektorientiertes deutsch-polnisches Begegnungsseminar für Schülerinnen und Schüler

Die folgende kurze Projektbeschreibung soll exemplarisch den Aufbau eines einwöchigen binationalen Seminars mit Jugendlichen oder jungen Erwachsenen aus Polen und Deutschland aufzeigen. Eine solche Veranstaltung kann modifiziert ebenso als deutsch-slowakisches, deutsch-tschechisches, deutsch-ungarisches, etc. Jugendprojekt konzipiert sein. Im Mittelpunkt steht die Verbindung aus Inputs durch die Dozenten mit Outputs der gemischten binationalen Workshops. Wissenstransfer, Projekt- und Produktorientierung gehen dabei vor zeitlichem Leerlauf oder "touristischer Vielfalt". Jugendliche und junge Erwachsene sind sehr leicht für projektbezogene Arbeit zu gewinnen, wenn Spaß mit Zielorientierung in der Gruppenarbeit in Einklang gebracht wird. Entscheidend ist nicht nur das konkrete "Endprodukt", sondern die Möglichkeit für jeden, seine Stärken in die Workshoparbeit einzubringen. Sehr wünschenswert wäre darüber hinaus eine Vorbereitung insbesondere der deutschen Seite auf Polen im Unterricht (Geschichte, Politik, Gesellschaft, Sprache - "Schnupperkurs Polnisch").

Das Programm setzt sich im Einzelnen aus folgenden Teilen zusammen:

  • Warming-up durch so genannte "Icebreaking activities"

  • Arbeit mit Fotobox/Toleranzbildern zu verschiedenen Themen: Jugendkultur, Gesellschaft, Umwelt, Politik (Konflikte), Fremdenfeindlichkeit

  • "Inputs" zu deutsch-polnischen Themen (Vorträge, Diskussionen, Umfragen mit Moderationstechnik)

  • Binationale Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen und Aufgaben: Extraaktivitäten (Exkursionen, Sportolympiade, EUROPA-QUIZ in acht Etappen - "Lerne Europa kennen")

  • Gemeinsame, zweisprachige Endprodukte - Zeitung + Präsentationen; PowerPoint-Präsentation; ev. Homepage-Gestaltung oder Videoproduktion

  • Präsentation der binationalen Workshopergebnisse im Plenum

  • Seminarauswertung und Kritik, Rückmeldung (positiv und negativ - Methode "stummer Schreibtisch")

4.2 Quo vadis, Europa? Zukunftschancen der jungen Generation im vereinten Europa - Internationales Medienseminar für Jugendliche und junge Erwachsene aus west- und mitteleuropäischen Ländern

Beschreibung und Zielsetzung des Projektes

Verschiedene Umfragen der letzten Jahre belegen, dass das Interesse Jugendlicher am Thema "Europa" zwar zunimmt, die Kenntnisse über entsprechende Themenbereiche jedoch gering sind und die Entwicklung und Konsequenzen der Europäischen Einigung von einem Großteil auch der jungen Bevölkerung negativ beurteilt werden. Die Einführung des Euro, die EU-Erweiterung sowie die aktuelle sicherheitspolitische Debatte wecken Ängste, die umso größer sind, je geringer der Informationsstand ist. "Brüssel" wird zum Synonym für einen realitätsfernen Bürokratismus, während die Relevanz der europäischen Integration für das persönliche Leben in der Regel verkannt wird. Ziel diese Seminartyps im GESW e.V. Vlotho ist es daher, den Teilnehmenden Möglichkeiten zu bieten,

  • im direkten Austausch mit Teilnehmenden aus anderen europäischen Ländern Europa zu er-leben,

  • sich umfassend über die Herausforderungen, Aufgaben und Funktionsweisen der Europäischen Union zu informieren und

  • die Ergebnisse anhand jugendgerechter, "spannender" Methoden in eigene "Produkte" umzusetzen.

Die Teilnehmenden sollen dabei auch die Bedeutung der europapolitischen Entwicklungen für sich selbst, ihr Leben und ihre Ausbildungszusammenhänge reflektieren.

Schwerpunkte

Im thematischen Mittelpunkt der Veranstaltung stehen:

  • Geschichte und Funktionsweise der Europäischen Union einschließlich der institutionellen Reform nach Nizza

  • Chancen und Risiken des Binnenmarktes und der Währungsunion

  • EU-Erweiterung

  • Zukunft der Arbeit - Arbeit der Zukunft

  • Migration in Europa

  • Neue sicherheitspolitische Herausforderungen nach dem 11. September 2001

  • Bedeutung der europäischen Einigung für die Stadt Vlotho (als Beispiel für die These "Europa beginnt vor der Haustür").

Nach einem kursorischen Überblick über Versuche, den Europa-Begriff geographisch, kulturgeschichtlich und politisch zu definieren, folgt mit einer Darstellung der Geschichte der Europäischen Einigung vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis heute eine erste thematische Schwerpunktsetzung. Anschließend beschäftigen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in verschiedenen, nach Interessenschwerpunkten ausgewählten Arbeitsgruppen unter Anleitung von Fachleuten intensiver mit den o.g. Themen.

Beschreibung der eingesetzten pädagogischen Mittel und Methoden

Die Veranstaltung findet in Form eines internationalen Medienseminars statt. Anhand von Referaten, Umfragen, Gesprächsrunden, Lernzirkeln, Expertengesprächen und der Arbeit mit Materialien des GESW informieren sich die Teilnehmenden über die Europäische Integration sowie ihre aktuellen Herausforderungen. In methodischer Hinsicht verzichten wir auf Vorträge, lange Videos und Podiumsdiskussionen, sondern bereiten Angebote mit geringer Partizipationsschwelle und "Event"-Charakter bei Beibehaltung des Ziels politischer Bildung vor. Die gewonnenen Erkenntnisse werden im Rahmen von vier Medienprojekten verarbeitet und umgesetzt. Das Seminar mündet somit in der Realisierung von vier konkreten Produkten: In international besetzten Projektgruppen entstehen unter fachmännischer Anleitung ein Videofilm, eine Schülerzeitung, ein öffentlich gesendeter Radiobeitrag und eine Internet-Seite.

Öffentliche Präsentation

Mit einer abschließenden öffentlichen Veranstaltung soll den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Gelegenheit gegeben werden, die Seminarergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit einschließlich der lokalen Presse vorzustellen.

Auswertung des Seminars durch die Teilnehmenden

Insgesamt wird der Seminartyp - ohne erkennbare Unterschiede hinsichtlich der Herkunftsländer - sehr positiv bewertet. Die Auswertung des Seminars erfolgt schriftlich strukturiert nach der Methode "stummer Schreibtisch": Alle Teilnehmenden vervollständigen mehrere Satzanfänge ("Ich habe gelernt...", "Ich habe einen Vorschlag für das nächste Seminar...", "Das Beste war...", "Ich möchte Ihnen noch sagen..."). Gewürdigt werden - ohne dass die Teilnehmenden dies wissen - insbesondere die drei wichtigsten Seminarziele: der Austausch mit Menschen anderer Nationalität, das Erlernen neuer Arbeitstechniken und Methoden sowie die Erkenntnis, dass über Strukturen und Funktionen hinaus "ich ein Teil Europas bin". Aus der Erfahrung letzter Seminare zeigt sich, dass sich vereinzelte Kritik vor allem auf zu wenig Freizeit bezieht. Auch der nicht finanzierbare Wunsch nach einem zweiwöchigen Seminar wurde in vergangenen Seminaren geäußert.

Beurteilung des Seminars durch die Seminarleitung

Das methodische Konzept, das politische Bildung mit Spaß verbinden möchte, spricht die teilnehmenden Jugendlichen offensichtlich an. In technischer Hinsicht müssen stets aus finanziellen Gründen Kompromisse eingegangen werden (Verzicht auf die Anmietung professioneller Videoschneideplätze, Abstriche bei der Computerausstattung, finanziell günstigeres, aber schlechteres Tonstudio), was mitunter das Arbeiten erschwert und den Ergebnissen schaden kann. Von den Jugendlichen wird dieses Manko indes kaum wahrgenommen oder zumindest nicht explizit formuliert. Über die Gestaltung einer Internet-Site gelingt es, die "neuen" und für junge Erwachsene besonders attraktiven Medien sinnvoll in die politische Bildungsarbeit einzubeziehen. Unter fachkundiger Anleitung arbeiten sich die Teilnehmenden rasch in grundsätzlich unbekannte Techniken und Hilfsmittel ein. Über die Medienarbeit erfolgt eine Beschäftigung mit verschiedenen europapolitischen Themen und schließlich die Produktion von Ergebnissen im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten. Positiv zu werten ist die gute Zusammenarbeit der Teilnehmenden über die Arbeitsgruppen und Nationalitäten hinweg.

5. Fazit

Die vorgestellten Seminartypen sind grundsätzlich hervorragend geeignet, die aktuellen Anforderungen an die politische Bildung umzusetzen. Nach Auffassung aller Seminarbeteiligten - Jugendliche, Teamer und Veranstalter - waren die Seminare äußerst erfolgreich. Junge Menschen aus verschiedenen Nationen, die zunächst keineswegs die Aussicht auf eine Woche "politischer Bildung" lockt, sondern vielmehr die Möglichkeit zum Kennenlernen anderer junger Menschen und das gemeinsame Arbeiten mit attraktiven Medien, beginnen, sich für aktuelle politische Fragen zu interessieren und arbeiten freiwillig in den jeweiligen Arbeitsgruppen bis weit in die Nacht hinein. Die konsequente Orientierung am Methodenwechsel sowie an thematischer Arbeit in Kombination mit selbstständiger Workshoparbeit ermöglicht es, politische Themen "jugendgerecht" zu vermitteln, ohne dass das inhaltliche Ziel des Wissenstransfers zu kurz kommt.

Autoren

Dr. Gerhard Schüsselbauer und Dr. Michael Walter sind wissenschaftlich-pädagogische Mitarbeiter des GESW e.V. in Vlotho. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind: Jugendbildung in Europa, europäische Politik und Wirtschaft, Integration und Erweiterung der EU.

Hinweis

Veröffentlicht am 23.01.2003, überprüft im März 2015